Zur bundespolitischen Lage nach dem gescheiterten Versuch der CDU, eine Bundesregierung zu bilden, erklärt die stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Sachsen-Anhalt und Fraktionsvorsitzende im Landtag, Katja Pähle:

„Unser Parteivorsitzender Martin Schulz wird morgen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die Lage nach der gescheiterten Regierungsbildung durch die CDU beraten. Es ist selbstverständlich, dass sich die SPD einer Debatte darüber, wie Deutschland stabil regiert werden kann, nicht entzieht.

Mich stört, dass den Bürgerinnen und Bürgern eine abstrakte Debatte über Verantwortung contra Verweigerung zugemutet wird. Es geht nicht darum, irgendeine Regierung zu bilden. Wir müssen als SPD den Meinungsstreit darüber führen, wie Deutschland regiert werden soll. Ohne eine inhaltliche Debatte darüber, in welche Richtung wir das Land voranbringen wollen, wird die SPD zum Spielball eines machtpolitischen Tauziehens der anderen politischen Kräfte.

Diese Debatte hätten wir längst führen müssen, schon während der Jamaika-Sondierungen. Was als Konsens aus diesen Verhandlungen bekannt geworden ist, ist der falsche Weg für unser Land:

  • eine Abschaffung des Soli, ohne andere Grundlagen für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu schaffen;
  • keine Perspektiven für die Entwicklung Ostdeutschlands, keine Aussicht auf schnelle Angleichung der Renten zwischen Ost und West;
  • eine restriktive Politik gegen Flüchtlinge, aber diesmal mit dem Segen der Grünen.

Jetzt muss die SPD inhaltlich durchstarten und klar benennen, was sie erreichen will. Für mich sind besonders wichtig:

  • eine Bürgerversicherung für Krankenversicherung, Pflege und Rente;
  • eine Vermögenssteuer zur nachhaltigen Finanzierung öffentlicher Aufgaben;
  • kostenlose Bildung von der Kita bis zum Master oder Meister, eine Aufhebung des Kooperationsverbots;
  • ein modernes Einwanderungsgesetz im Interesse von Integration und wirtschaftlicher Entwicklung, keine Abstriche bei Asylrecht und Schutz von Flüchtlingen;
  • eine aktive Rolle Deutschlands beim Ausbau eines modernen, bürgernahen, demokratischen und sozialstaatlichen Europa.

Wenn wir in diesen und anderen Fragen klar aufgestellt sind, wissen alle, die mit uns Gespräche führen wollen, was mit uns geht und was nicht.

Für mich liegt es auf der Hand, dass wir mit diesen Zielen keine Regierung tolerieren können, für die wir bloß Steigbügelhalter für eine Jamaika-Politik ohne FDP wären.

Ganz wichtig ist: Unser Anspruch, Mitmachpartei zu sein, darf in dieser angespannten Lage nicht verloren gehen. Grundlegende Weichenstellungen müssen gemeinsam diskutiert und beschlossen werden. Wir können nicht wochenlang in Regionalforen über innerparteiliche Fragen diskutieren, und zentrale politische Fragen werden dann im kleinen Kreis entschieden.“