Aktuelles aus dem Landesverband

Jens Bullerjahn„Ich würde zu mehr Offenheit und Objektivität raten und zu weniger Empörungskultur, in der es nur um Schwarz oder Weiß geht. Bist du für den Krieg oder dagegen? Für oder gegen Lehrer? So löst man keine Probleme. Ich habe mich immer gerne gestritten, wenn im sachlichen Streit die Meinungen hervortraten und die unterschiedlichen Grundsätze sichtbar wurden - und man dann offen über Lösungen debattieren konnte.“

Diese Sätze stammen von Jens Bullerjahn aus seinem letzten Interview mit einer großen sachsen-anhaltischen Tageszeitung. Jens ist gestern Nachmittag leider viel zu früh verstorben. Wir trauern um ihn und sind in Gedanken mit voller Dankbarkeit und in Erinnerung bei seiner Familie.

Jens war durch und durch Sozialdemokrat. 1989 Eintritt in die SDP, die dann zur SPD wurde. Mitglied des Kreistages in seiner Heimat, dem Mansfelder Land, seit 1990 Landtagsabgeordneter, dann Parlamentarischer Geschäftsführer, Fraktionsvorsitzender und ab 2006 Finanzminister und Stellvertretender Ministerpräsident. Unter Kurt Beck war Jens von 2006 bis 2007 Stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Als Partei und Land verlieren wir einen profilierten Politiker und Freund mit wachem Geist und Engagementfreude für Sachsen-Anhalt.

Jens sprach oft über zwei prägende Phasen in seiner politischen Karriere. Zum einen über das Ende der Neunziger Jahre mit dem Wechsel in ein neues Jahrtausend und zum anderen über seine Zeit als Minister. Er wurde oft als „Strippenzieher“ und „Netzwerker“ bezeichnet - Eigenschaften, die ihm schon zugeschrieben wurden, als er maßgeblich an der Bildung des so genannten „Magdeburger Modells“ beteiligt war. Unser damaliger Ministerpräsident Reinhard Höppner führte von 1994 bis 2002 eine Minderheitsregierung an. Wir hatten als SPD keine eigene Mehrheit im Landesparlament und waren auf die Stimmen der damaligen PDS angewiesen. Dieses „Agreement“ wurde damals von Jens Bullerjahn und dem heutigen Vizepräsidenten des Landtages, Wulf Gallert initiiert. Beide sorgten auch fortwährend für die langanhaltende Disziplin in diesem Bündnis.

Als Minister stand Jens für rigiden Sparkurs in der Finanzpolitik des Landes. Seine Vorstellungen von einer ausgeglichenen Haushaltspolitik hatte er schon 2004 in dem Konzeptpapier „Sachsen-Anhalt 2020“ niedergeschrieben. Jens hat sich mit seinem Kurs nicht nur Freunde eingehandelt. Es gab viel Kritik, die sich oftmals auch in der politischen Tagesstimmung niedergeschlagen hat. Er selbst sagte dazu: „Ich habe schon früher immer im Kabinett und im Landtag gesagt: Was mich vor allem umtreibt, ist die Frage, ob Geld effektiv ausgegeben wird. Wenn ein System nicht funktioniert, ist in der Politik zu oft die Reaktion, einfach noch mehr Geld auszugeben. Mir geht es darum anzuregen, ob man die Dinge nicht anders und besser machen kann.“ Er sei mit sich im Reinen, so Bullerjahn. Und es gelte: „Nur mit immer mehr Geld löst man die Probleme nicht, vor allem nicht in Sachsen-Anhalt.“

Im Frühjahr dieses Jahres hat Jens öffentlich gemacht, was einige Wenige schon wussten. Er war an der unheilbaren Nervenkrankheit ALS erkrankt. Gestern schlief Jens im Kreis seiner Familie in einer Klinik in Eisleben ein. Er hinterlässt seine Ehefrau und zwei erwachsene Söhne. Wir erinnern uns an ihn, als politischen Wegbegleiter, als Mahner und als Vordenker. Wir verlieren einen Freund.

Jörg Felgner, einer der engsten Freunde von Jens schreibt: „Leidenschaft, Konsequenz und Weitblick waren die Leitplanken seines politischen Agierens. Jens hat die Interessen des Landes immer vorangestellt, er wollte viel bewegen, hat viel erwartet und vor allem sich selbst nie geschont. Mit ihm geht ein Politiker von uns, der über den Tellerrand hinausgeschaut hat und auch noch in den letzten Wochen seines Lebens an Konzepten und Überlegungen für die Zukunft arbeitete. Mich beeindruckte tief, wie Jens seine schwere Krankheit ertragen hat. Er versuchte so gut es nur ging, seinem Schicksal die Stirn zu bieten.“

Duplizität bei dieser traurigen Nachricht: Gestern vor 21 Jahren starb Regine Hildebrandt. Da können sie da oben jetzt beide mal klären, "Wat so jeet, wat et kostet und wer‘s bezahln soll!“ Mach’s gut, Jens!